Erkundung von Konfliktorten

Kultureller Besuch im Elsaß

Am 17. und 18. Dezember 2019 hat unsere Vereinigung « Ad pacem » eine kulturelle Studienreise ins Elsass organisiert. Zusammen mit fünfundzwanzig Schülern des Lycée de Garçons Esch-sur-Alzette (L) besuchte sie das Konzentrationslager Natzweiler-Struthof, das Memorial Alsace Moselle in Schirmeck und das Europäische Parlament in Straßburg.

Besuch des Konzentrationslagers

Am 17. Dezember unternahmen 25 Schüler des Lycée de Garçons in Esch-sur-Alzette (L) eine Studienreise ins Elsass. Drei Lehrer, Claude Pantaleoni, Christian Welter und Frau Dora Almeida, begleiteten die Schülergruppe.
Die erste Etappe führte ins Nazi-Konzentrationslager Natzweiler-Struthof südlich von Straßburg, wo wir gegen 10 Uhr 30 ankamen. Der ganze Ort ist eine « nationale Nekropole », weil 22.000 Menschen, größtenteils politische Häftlinge und Widerstandskämpfer, dort den Tod fanden. Sie hatten sich dem Naziregime widersetzt. Ungefähr 400 Luxemburger wurden dort interniert, von denen viele nicht überlebten.


Der Besuch begann mit der Projektion eine Dokumentarfilmes im Museum am Eingang zum Lager. Er gab einen Überblick von den Anfängen des Lagers, das zuerst von den Nazis angelegt wurde, um den roten Granit aus dem Berg zu schlagen, der benötigt wurde, um die deutschen Städte mit Naziarchitektur zu verschönern, bis zur Befreiung durch die Allierten. Im Untergeschoss konnten sich die Schüler eine Ausstellung mit Kriegsphotos ansehen, die alle mit der Realität der Konzentrationslager und dem Krieg zu tun haben.Danach besichtigte die Gruppe zu Fuß das Gelände, auf dem die Baracken des Konzentrationslagers errichtet worden waren. Diese wurden nach dem Krieg abgebaut und nur einige zurückgelassen, damit der Besucher sich ein Bild machen kann. Dort sind u. a. Folterinstrumente (Prügelblock), die medizinische Experimentierkammer der Naziärzte und der Verbrennungsofen zu sehen. Die Gaskammer konnte zu dem Zeitpunkt nicht besucht werden, da die Öffnungszeiten dies nur nachmittags erlauben.
Während unseres Besuchs war es ziemlich kalt, knapp über null Grad, was uns verdeutlichte, wie schlimm die klimatischen Verhältnisse vor allem im Winter bei Regen, Schnee und Wind für die Lagerinsassen sein mussten. Neben dem ständigen Mangel an genügend Nahrung war das Klima die Hauptsorge aller Gefangenen, denn sie trugen leichte Kleidung,die nur geeignet für Sommertemperaturen auf dieser Gebirgshochebene der Vogesen waren.
Als 1942 die Gestapo ihr Hauptquartier im früheren Skihotel « Struthof » eröffnete, lautete die Devise des Konzentrationslagers « Ausrottung durch Arbeit ». Dies machte aus Natzweiler eines der schlimmsten Konzentrationslager, in dem das Überleben für die Lagerinsassen immer schwieriger wurde.
In der Mitte des Lagers kann der Besucher noch einen Galgen sehen, an dem viele Gefangene vor den Augen der anderen Lagerinsassen ihr Leben gelassen haben. Sie blieben mehrere Tage zur Abschreckung hängen, damit keine Fluchtversuche oder ein Aufstand unternommen werden würden.
Die gröβte Gruppe der Gefangenen des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof waren die Polen (ungefähr ein Drittel), gefolgt von den sowjetischen Gefangenen (etwa ein Viertel) und den Franzosen (ungefähr 14%). Von den etwa 400 Luxemburger, die in dieses Lager kamen, sind 29 im Lager gestorben. 26 starben in anderen Lagern, nachdem sie eine Zeitlang in Natzweiler eingesperrt waren.
Am 12. Februar 1944 hatte die Gestapo bei Les Ancises, Clermont-Ferrand und Umgebung sieben Luxemburger gefangen. Diese wurden am 19. Mai desselben Jahres nach Naztweiler-Struthof gebracht, um im Morgengrauen dort erschossen zu werden. Dies war der schwärzeste Tag für die Luxemburger Gefangenen im Lager Natzweiler. Roger Wagener, ein Luxemburger Insasse, der die Aschen der sieben aus dem Krematorium nahm, versteckte die Urnen unter Lebensgefahr im Erdboden seiner Baracke. Die Aschenurnen der sieben Luxemburger wurden nach Ende des Krieges dort wieder ausgegraben und am 6. August 1945 auf dem Differdinger Friedhof beigesetzt.

Besuch des Memorial Alsace Moselle

Am Nachmittag war der Besuch des Memorial Alsace Moselle vorgesehen. Dort konnten alle die besondere Geschichte der Elsässer und Moselaner erfahren. Diese hatten zwischen 1870 und 1945 viermal die Nationalität wechseln müssen. Das Gebiet wurde 1870 im Deutsch-Französischen Krieg an Deutschland angeschlossen. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Elsass-Mosel wieder an Frankreich zurückgegeben. Von 1940 bis 1945 wurden diese Gebiete Frankreichs dem Dritten Reich einverleibt und die Bevölkerung konnte die Grausamkeiten des Naziregimes erleben.
Das Jahr 1945 sieht das Ende des Zweiten Weltkrieges und den Wunsch, in Europa einen dauerhaften Frieden herbeizuführen. Sechs Länder bilden die Europäische Gemeinschaft, den Kern, der in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zur Europäischen Union (EU) führt. Ihr gehören momentan 28 Länder an. Dieser lange Weg bis zur EU wird im Memorial auch gezeigt.
Die sehr kompetente Verantwortliche, die unsere Gruppe durch die Ausstellung führte, vermittelte die nötigen Erklärungen, damit wir die Tafeln, die Dokumente, die Filme, die Zeugenaussagen und die Spiele besser nachvollziehen konnten. Die schwierigen Geschichtsepochen, denen die Elsässer und Moselaner zwischen 1870 und 1945 ausgesetzt gewesen sind, veranschaulichen Sinn und Zweck des friedlichen Zusammenlebens der Völker in der Europäischen Union.
Der Besuch endete gegen 16 Uhr 30 und wir fuhren weiter nach Straßburg, wo uns die Weihnachtsmärkte im Zentrum der Stadt erwarteten. Gegen 19 Uhr ging es weiter mit dem Bus zur Jugendherberge ins kleine Städtchen Saverne. Den Abend verbrachten wir mit im Restaurant La Marne, in dem alle die elsässische Küche (Flammküche usw.) ausprobierten.

Besuch des Europäischen Parlaments

Der zweite Tag der Studienreise begann mit dem Frühstück in der Jugendherberge, bevor alle mit dem Bus zum Europäischen Parlament nach Straßburg fuhren. Hier wurde die Gruppe von Herrn Alex Donnersbach, dem Sekretär des Luxemburger Europaabgeordneten Christoph Hansen (CSV), erwartet, der unseren Besuch dort organisiert hatte. Mit ihm ging es weiter in den großen Plenarsaal, wo wir mitverfolgen konnten, wie die 751 Europaabgeordneten (Briten inbegriffen) über einige Gesetze abstimmten.
Danach empfing uns Herr Christoph Hansen in einem separaten Raum, in dem er uns erklärte, wie das Europäische Parlament entstanden ist, wie es heute funktioniert, welche Aufgaben es hat und welche Arbeiten er selbst dort erledigt. Die Jugendlichen konnten Fragen stellen. Der Abgeordnete gab jedes Mal klare und verständliche Antworten, die mit konkreten Beispielen belegt waren. Viele Schülerfragen betrafen den Klimawandel und die Maβnahmen, mit deren Hilfe das Europäische Parlament gedenkt, dem entgegen zu wirken. Herr Hansen erklärte, zur Überraschung der meisten Schüler, dass dem Europäischen Parlament nur 1 % der nationalen Haushalte der EU zugeteilt wird. Dies reicht jedoch nicht aus, um die europäische Integration zu intensivieren und schneller voranzubringen, vor allem was den kulturellen Austausch, die Bildung in europäischen Fragen und die ökologischen Umwandlungen anbelangt.
Die Gruppe wurde danach von Herrn Hansen und Herrn Donnersbach eingeladen, mit ihnen zu Mittag zu essen. Die Diskussionen wurden am Tisch weitergeführt. Da ihn weitere Termine erwarteten, verabschiedete sich Herr Hansen nach dem Mittagessen.
Die Schüler hatten als letzte Etappe des Besuchs die Möglichkeit, an einem Simulationsprogramm teilzunehmen, bei dem sie erfahren konnten, wie das Europäische Parlament Resolutionen erarbeitet und wie es zu den Abstimmungen kommt. Die Schüler wurden in vier Gruppen eingeteilt, gemäß den vier größten Parteien, die im Europäischen Parlament tagen. Jede Gruppierung musste zu zwei konkreten Projekten Stellung nehmen, damit es zum Schluss zu einer mehrheitlichen Abstimmung kommen konnte. Dies war kein einfaches Unternehmen, da jeder Schülergruppe meistens nicht bereit war, Kompromisse einzugehen. Doch kein Weg führte daran vorbei, wollten alle, dass die beiden Projekte und Resolutionen angenommen würden. Es war eine aufschlussreiche Übung, die über zwei Stunden dauerte und durch die die Schüler verstanden, wie schwierig es sein muss, wenn alle 751 Europaabgeordnete über die Annahme eines Projektes abstimmen müssen. Gegen 17 Uhr war die Führung durch das Europäische Parlament zu Ende und alle bedankten sich bei Herrn Donnersbach. Gegen 20 Uhr trafen wir wieder in Esch-sur-Alzette ein.

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